Klaus Doldinger – Musik ist mein Leben

Die deutsche Jazzlegende Klaus Doldinger

Bald feiert die Jazzinitiative Schwetzingen ihr zweites Wiegenfest. Natürlich nicht still und heimlich, sondern mit einem schönen Ereignis, das Musik und Kunst vereinen wird. Vorher aber begrüßen Robert Nöllgen und Aart Gisolf den Vater der deutschen Jazzrockszene, Klaus Doldinger. Waren schon von Anfang an die Konzerte des Vereins vom Feinsten, man denke an Emil Mangelsdorff und Benny Golson, so hat man sich auch dieses Mal nicht lumpen lassen, denn mit Doldinger betritt nicht nur ein Veteran des Jazz die Bühne des Rokokotheaters, sondern einer der berühmtesten deutschen Künstler überhaupt. Der gebürtige Berliner, der im nächsten Jahr seinen siebzigsten Geburtstag feiert, hat mit einer Filmmusik ein Warenzeichen geschaffen, das nahe zu jeder kennt: Die Titelmusik des „Tatort“, ohne die der rennende Mann und die Zielscheibe in der Iris seines Auges die dramatische und spannungsversprechende Wirkung niemals erreicht hätte.

In jungen Jahren bereits war sein Talent deutlich geworden, und so studierte er, neben dem Gymnasium, als Sonderstipendiat am Konservatorium Klavier, Klarinette, Harmonienlehre und Musiktheorie. Bis heute ist er so vielseitig geblieben, denn er ist nicht nur Pianist, sondern spielt auch Klarinette und Saxophon, arrangiert und komponiert, internationale „Hits“ wie zum Beispiel die Filmmusik zu „Das Boot“. Mit dem Blues hatte er angefangen, die „Feetwarmers“ waren in den Fünfziger-Jahren seine erste Band. Doch sehr bald kannte man den jungen deutschen Ausnahmemusiker in Amerika, und zwar mit dem „Klaus Doldinger Quartett“

Kurze Zeit später, Doldinger ist gerade 24 Jahre alt, wird er während einer großen Tournee durch die Staaten mit seiner seither berühmten Formation „Passport“ zum Ehrenbürger der Stadt New Orleans ernannt. „Passport“ ist Doldingers musikalischer Schwerpunkt, natürlich neben den Filmmusiken, die sich durch sein ganzes Leben ziehen. Und wem sind sie nicht vertraut, die Melodien zu „Liebling Kreuzberg“, „Ein Fall für Zwei“, „Die Kommissarin“ oder gar die „Unendliche Geschichte“, um nur einige, wirklich wenige zu nennen. Literaturverfilmungen und Neuer Deutscher Film kommen ohne Doldinger anscheinend auch nicht aus. „Moritz, lieber Moritz“von Hark Bohm, „Ich und Er“ von Doris Dörrie oder der Zeichentrickfilm „Peterchens Mondfahrt“, auch hier nur eine Auswahl, verdanken ihren Erfolg nicht zuletzt der genialen Harmonien im Hintergrund. Wichtig zu nennen in Doldingers Karriere ist ebenso ein Projekt jüngerer Tage, die „Old Friends“. Zusammen mit den Jazzstars der ersten Stunde nämlich Manfred Schoof, Eberhard Weber, Wolfgang Dauner und dem leider unlängst verstorbenen Albert Mangelsdorff spielt er mit Protagonisten der neuen Generation wie dem Drummer Wolfgang Haffner.

Zu seinen Fans hat er ein gerade zu familiäres Verhältnis entwickelt, das er gerne über das Internet pflegt. Und natürlich bei Liveauftritten. Denn der Vielgeehrte – er erhielt das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, den Echo, und den Grimme-Preis – geht immer noch gerne auf Tournee. In seinem Passport steht schon lange ein unbegrenztes Visum für die Bühnen dieser Welt!

Im Vorfeld des ersten Konzerts der Herbst- und Wintersaison der Jazzinitiative Schwetzingen beantwortete uns der Komponist und Bandleader Klaus Doldinger einige Fragen.

V.E.: Herr Doldinger, Ihr Talent wurde bereits in Ihrer Jugend entdeckt. Wollten Sie damals schon Jazz spielen?
K.D.: Als Kind habe ich mich für rhythmische Musik wie Schlager, Kaffeehausmusik, populäre Musik eben interessiert. Jazz gab es während des zweiten Weltkrieges in Deutschland ja nicht. Direkt danach hatte ich das Glück, zusammen mit meiner Mutter eine Band der amerikanischen Armee in einem kleinen bayrischen Dorf beim Proben zu hören. Das war die Initialzündung. Am Konservatorium hat man in den Fünfziger Jahren den Jazz auch nicht geschätzt, aber ich war ihm als Jugendlicher bereits verbunden.

V.E.: Was fasziniert Sie daran, Musik für Filme zu machen?
K.D.: Das kam einfach auf mich zu. Will Tremper, ein sehr populärer Regisseur der Sechziger Jahre hatte von mir gehört – ich hatte zu diesem Zeitpunkt über fünfzehn Alben veröffentlicht – und bat mich, einen Film zu vertonen. Danach kamen Volker Schlöndorff, Margarete von Trotta und so ging es einfach weiter.
Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, weil es interessante Anregungen für einen Instrumental-Komponisten in sich birgt. Man muss sich auf Geräusche konzentrieren, dem Inhalt angepasst komponieren.

V.E.: Haben Sie Aufträge für Filmmusiken auch abgelehnt?
K.D.: Nein, ich hatte das Glück, dass mir alle Projekte lagen, eben weil ich sehr bekannt bin. Das wiederum hat den Nachteil, dass sich manch einer gar nicht traut, mich an zusprechen. Ich würde sehr gerne einmal z. B. eine Abschlussarbeit betreuen, das würde mich interessieren.

V.E.: Was bedeutet Ihnen Musik?
K.D.: Musik ist neben meiner Familie mein Leben

V.E.: Spielen Sie zurzeit auch ganz andere Musik?
K.D.: Ich spiele jeden Tag Klavier, da tut es gut, die alten Notenbücher wieder einmal auf zu schlagen und Bach oder Schumann zu spielen. Eine klassische Ausbildung zu haben ist für einen Jazzer nicht das schlechteste, auch heute nicht.

V.E.: Welche Art von Musik würden Sie auf gar keinen Fall spielen?
K.D.: Eigentlich bin ich immer neugierig, ich habe auch schon mit Blasmusikern zusammengearbeitet. Das Wichtigste ist, dass die Musik mich emotional erreicht. Daher kann ich auch mit Rappern oder Hip-Hoppern Musik machen.

V.E.: Gibt es einen Musiker, mit dem Sie noch nie gespielt haben, aber gerne würden?
K.D.: Da ich keinem unerfüllbaren Traum hinterher hänge, kann ich sagen, nein. Dinge ergeben sich oder auch nicht!

V.E.: Warum mag die Jugend keinen Jazz hören und wie könnte man das ändern?
K.D.: Das würde ich so nicht unterschreiben. Vielleicht haben junge Leute weniger Lust auf Jazz, weil man sich diese Musik auch erarbeiten muss, ähnlich der klassischen Musik. Im Vergleich zu meiner Jugend aber hat sich der Jazz heute fest in der Kulturschiene etabliert.

V.E.: Welchen jungen Jazzer aus Deutschland schätzen Sie besonders?
K.D.: Till Brönner und Joe Kraus schätze ich sehr. Viele junge deutsche Jazzmusiker haben eine Zukunft.

V.E.: Passt Jazz mit Rock und Fusionelementen in ein Rokokotheater?
K.D.: Man muss sich einfach immer auf die akustischen Gegebenheiten einstellen. Wir haben auch schon in der Semperoper oder in Kirchen gespielt.

V.E.: Kennen Sie Schwetzingen und die Kurpfalz?
K.D.: Die Kurpfalz schon, weil ich immer wieder gerne in Heidelberg und Mannheim auftrete. In Schwetzingen bin ich zum ersten Mal und freue mich schon sehr!

Herr Doldinger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Erschienen im Mannheimer Morgen