Heimatgeschichten

Frühling und Sommer stehen ins Haus, Zeit, um ein paar Ausflüge zu unternehmen. Ich möchte hier ein paar Tipps vor den großen Urlaubsplänen geben. Einige davon wurden in meinem Buch „66 Lieblingsplätze Rhein-Neckar“ veröffentlicht. Viel Spaß beim cruisen!

Schwetzingen und sein Schloßpark

Ob Mozart wohl gerne Spargel aß? Das wissen wir nicht mit Bestimmtheit, auch wenn er hier war und Kurfürst Karl Theodor und natürlich seinen Hof mit seiner überirdischen Musik beglückte. Danach traf Schwetzingen das gleiche Schicksal wie die Residenz Mannheim mit der Verlegung des Hofs nach München, nämlich erst einmal in der Versenkung zu verschwinden. Inzwischen trägt die gar nicht so kleine Stadt den Titel „Große Kreisstadt“ und präsentiert sich besonders im Sommer voller Lebensfreude.

Im vor dem Schloss gelegenen Barockensemble „Schlossplatz“ tobt der Bär, hier wird nicht nur eifrig das königliche Gemüse, der überregional gelobte Schwetzinger Spargel, im Mai und Juni tagaus tagein verkauft, hier finden Live-Events statt, hier sind die besten Kneipen. Es gibt das Spargelfest mit der Wahl der Spargelkönigin, Frühlingsfeste, Stadtfeste, Herbstfeste, Jazzfeste und natürlich die sehr ambitionierten Schwetzinger Schlossfestspiele. Museen und Kunstverein bemühen sich sehr um kulturelle Vielfalt, sogar ein kleines Theater hat die Stadt seit knappen zwanzig Jahren.

Dominierend und über jeden touristischen Zweifel erhaben ist das zauberhafte Schwetzinger Schloss, einst die Sommerresidenz der Kurfürsten von der Pfalz. Allen voran liebte der Sonnenkönig der Kurpfalz, Karl Theodor, das ehemalige mittelalterliche Wasserschloss.

Mehrfach zerstört wurde der heute sichtbare Bau im späten 17.Jhdt unter Kurfürst Johann Wilhelm wiederaufgebaut, und erhielt 50 Jahre später seinen wunderschönen Garten. An diesem wurde sogar weiter gebaut, als Karl Theodor die Residenz schon lange nach München verlegt hatte. Wer im Garten spazieren geht, wird das sofort verstehen. Zuvor empfiehlt sich eine der stets amüsanten wie lehrreichen Kostümführung durch die gut erhaltenen Zimmerfluchten der Hoheiten, und unbedingt ein Blick in das beeindruckende sog. „Rokoko“ Hoftheater. Eigentlich ist es kein Rokoko, auch wenn man im ersten Moment meinen mag, sondern frühklassizistisch, eröffnet 1753 mit einer Oper von Ignaz Holzbauer. Da Karl Theodor bekannt für seine Liebe zur Kultur war, zog er auch viele Künstler an seinen Hof, der berühmteste war, für heutige Verhältnisse, natürlich Wolfgang Amadeus Mozart. In seinem Theater wirkten Sänger, Instrumentalisten und Komponisten von internationalem Rang, der schnell nach dem Umzug nach München schwand. Man nutzte es nicht mehr, bis es in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, und sehr liebevoll in den Jahren 2002/03 renoviert wurde.

Besoanders aber lohnt sich ein ausführlicher Spaziergang durch den angrenzenden Park, denn es eröffnet sich ein ostwestlicher Divan im Versailles der Kurpfalz mit japanischer Kirschbaumblüte, chinesischen Brücken, einer Moschee – gemischt mit antikisierenden Bauruinen, heidnischen Tempeln, opulenten Brunnenanlagen, Götter zwinkern zwischen zartem Grün und unendlich erscheinenden streng geometrischen Blumenrabatten.

Im Frühling zeigt sich der Park von seiner prächtigsten Seite, wenn vor der Kulisse der renovierten sandsteinfarbenen Moschee die Zierkirschen und Obstbäume einen rosaroten Blütenrausch hervorzaubern. Zwischen bunten Blumen und unter malerischen Laubengängen kann man stundenlang wandern. Buchsbäume und Haselnusssträuche verbergen weiße Marmorstatuen mit reichlich Patina, Enten in den künstlichen Seen wollen gefüttert werden und ein Badhaus erinnert galante Stunden.

Gleich schon meint man eine der Hofdamen in raschelnder Toilette vorbei eilen zu sehen, vielleicht die Maitresse-en-Titre des Fürsten auf dem Weg zu einem heimlichen Rendezvous? Knackt da ein kleiner Ast unter dem Schuh eines Gentilhommes?

In Richtung englischen Garten erreicht man den Arionbrunnen und die Hirschjagd, eine kleine Pause bietet sich zum Verweilen an.

Weiter zum großen See, unter den Bäumen, später ein Arboretum, fern der der Tempel, die den römischen Gottheiten wie Apollon, Minerva, Merkur oder schlicht der Botanik gewidmet, sind lustwandelt man wie einst die einfache Bevölkerung Schwetzingens, die Karl-Theodor schon in sein Reich ließ, vorbei an sanft geschwungenen Uferlinien und über schneeweiße „chinesische“ Brücken hin zu den römischen „Ruinen“, ein manieristischer Zug des barocken Zeitgeistes.

Ebenso wie das von künstlichen Grotten und Volieren eingerahmte „Perspektiv“.

Im Volksmund als „Ende der Welt“ bezeichnet, erstaunte es immer noch die Besucher, erscheint doch das Bild am Ende eines Ganges durch geschickt genutzten Lichteinfall und den Architekturrahmen der Mauer realistisch.

Vom verfallenen Aquädukt geht an der prächtigen Orangerie vorbei wieder in Richtung Ausgang, im warmen Frühlingshauch weht der Duft von Magnolien und Veilchen herüber.

Im Sommer streichen Pfaue vorbei und lassen mit ihren seltsamen kreischenden Lockruf verkündigen, dass nun die Zeit reif ist, ein Rad zu schlagen und bewundert zu werden.

Wer für ein paar Stunden die Zeit vergessen möchte, der ist hier im kurfürstlichen Garten Eden genau richtig.