Eigenbrodt fragt Bernd das Brot

Eigenbrodt fragt Bernd das Brot – Erfolgsautor und Erfinder von Bernd: Tommy Krappweis

Muss man eigentlich wirklich noch jemanden erklären, wer Thomas Krappweis ist? Naja, eventuell kinderlosen Menschen vielleicht, wobei auch Erwachsene mit Bernd, Briegel und Konsorten ihren Spaß haben können, ähnlich „Shawn“, dem Schaf, das auch von nicht wenigen großen Kindern gerne geguckt wird. Die Interviewerin nimmt sich da nicht aus.

Deutschland und Slapstick mochten lange Jahre nicht wirklich zusammengehen, Didi Hallervorden manchmal hervorragend, oft aber auch nicht. Intelligente Komödien ohne intellektuellen Zugzwang vor Bully Herbig kann man mit der Lupe suchen, respektlose Frechheiten, die nicht unter die Gürtellinie gehen wurden erst vor wenigen Jahren in unseren Breiten erfunden. Einer, der von Anfang dazu gehörte, ist der Künstler und Comedian Tommy Krappweis.

Als er den genialen Coup landete und „Bernd das Brot“ kreierte, war er allerdings kein unbeschriebenes Blatt mehr, hatte er sich doch längst einen wichtigen Namen via Samstag-Nacht-Team im deutschen Fernsehen gemacht. Seit vielen Jahren hat er nun schon seine bumm film Produktionsfirma, mit der er weiter und weiter Extraordinäres entwickelt und unsere Herzen erfreut. Doch ist das Ausnahmetalent in diesem Jahr nicht nur zarte vierzig Jahre alt geworden, sondern hat auch, nach einer Fantasy-Trilogie für Teenager, in diesem Jahr einen wahren Knüller als Buchautor gelandet.

Im Winter erschien „Das Vorzelt zur Hölle“, in dem er in der ihm sehr eigenen Art, die ein klitzekleines bisschen an Loriot erinnert, Biografisches zum Thema Campingurlaub mit der Family zum Besten gibt. Sympathischerweise darf darin auch der Vater zu Wort kommen, was dem Werk eine zusätzliche Würze verleiht. Eine gleichnamige Serie lief im Frühsommer bei dem österreichischen Privatsender Servus TV, dort allerdings nach nur fünf sehr erfolgreichen Ausstrahlungen ohne Kommentar abgesetzt. Dafür kommen wir jetzt in den Genuss der kompletten Serie auf DVD.

Tommy war so nett, und hat mir ein paar Fragen beantwortet:

V.E.: Als erstes darf ich dich von meinem Sohn Gabriel, inzwischen 16 Jahre alt und ein großer Fan von Bernd fragen, wie du ausgerechnet auf diese Figur gekommen bist?
T.K.: Bernd hat zwei Erfinder: Mich und meinen Kollegen Norman Cöster. Ursprünglich hatten wir einen Kaktus eingeplant. Als das dann realisiert wurde, fiel uns auf, dass im deutschen Kinderfernsehen ein grün-grauer Kaktus mit quasi erhobenem Arm nicht so glücklich platziert ist. Da es schnell gehen musste, wir waren kurz davor, das Konzept dem Ki.Ka zu präsentieren, musste sofort etwas anderes her. Wir waren gerade zu Tisch, und da fiel Normans  Blick auf den Brotkorb: Fertig war die Idee.

V.E.: Wie siehst du die Auswirkungen der Campingreisen auf dein schöpferisches Potential?
T.K.: Massiv, und das aus vielerlei Gründen. Erstens mal nützte ich die Zeit in Egal-es-ist-überall-heiß-und-scheisse-Land immer zu exzessivem Lesen, was mir mit jedem Buch eine andere Welt eröffnete. Ich las alles, von Fantasy, über Sherlock Holmes, Klassiker von Verne und Wells, Comics, Hard SF oder auch Biographien. Das hat mich stark geprägt. Mich prägte aber eben auch die Haltung zu Urlaub im generellen und zu Camping im speziellen, insofern als dass ich an beidem keinen Spaß hatte. Wenn ich als Kind Ferien hatte, wollte ich mit der Super8-Kamera lustige Filme drehen, Stop Motion mit Lego, Zeichentrick oder auch Realfilme zusammen mit Freunden. Oder ich wollte Theaterstücke schreiben, Musik machen – was auch immer. Ich wollte auf keinen Fall auf einem Wildcampingplatz in der Ödnis hocken und drauf warten, dass wir endlich wieder heimfahren. Mal ganz abgesehen davon, dass unsere Urlaube ja auch oft nervig bis lebensgefährlich waren. Das wiederum habe ich ja dann sowohl in Sketchen für Bernd das Brot als auch in Form von Buch und DVD wunderbar aufgearbeitet.

V.E.: Wie erklärst du dir den Erfolg deiner ungewöhnlichen Figuren?
T.K.: Ich gehe grundsätzlich so an alle Charaktere –egal ob Sitcom, Kinderfernsehen oder Film – dass ich mir Menschen aus meinem Umfeld suche oder mich davon inspirieren lasse. Das kann dann ein Mischmasch aus mehreren Personen sein, aber auch eine überspitzte 1:1 Version. Darum schreibe ich auch gerne direkt für bestimmte Schauspieler oder Comedians, weil die mir bestimmte Dinge vorgeben durch deren spezielle Talente oder auch durch das, was eben überhaupt nicht passen würde.

V.E.: Wie siehst du die deutsche Comedy, gibt es überhaupt auch noch Platz für nicht-politische Satire?
T.K.: Es gibt immer einen Bedarf für Comedy, die gut unterhält. Die Frage ist leider eher, wie man damit an eine Position kommt, die auch wahrgenommen wird. Die Chancen auf einen halbwegs sinnstiftenden Sendeplatz sind leider vor allem für neue Ideen verschwindend gering. Hier spielen so viele senderpolitische, redaktionell bedächtnisträgerische, sich-nach-allen-Seiten-absichern-wollende Bedenken und Unwägbarkeiten eine Rolle, dass man schon Schwierigkeiten hat, eine weniger ungewöhnliche Idee zu positionieren. Meistens landet der kleinste gemeinsame Nenner auf dem Sender und das ist bei Comedy fast immer ein Fehler. Denn Comedy spielt mit der Überraschung und das wäre dann auf eine Art so ziemlich das Gegenteil von gemeinsamen Nennern.

V.E.: Wäre wieder etwas anderes als Fernsehen generell für dich möglich, also nur noch Buchautor z.B.?
T.K.: Ich bin oder war unter anderem schon Straßenmusiker, Stuntman, Slapstick Comedian, Comedy-Autor, Standup, Promi, Moderator, Schauspieler, Regisseur, Produzent, Cutter, Musiker oder eben auch Buchautor. Insofern ist bei mir immer alles möglich, denn mir macht alles irgendwie Spaß.

V.E.: Entwickelst du deine Ideen zu erst auf dem Papier und dann auf dem Set, oder vielleicht beides und was inspiriert dich dazu?
T.K.: Beim Ideen-haben gibt es keine Regeln für mich. Außer Brainstorming mit mehreren Beteiligten – das kann ich gar nicht leiden, weil es da auch immer schnell zum kleinsten, gemeinsamen Nenner kommt. Wenn da einer eine eigentlich geniale, aber verrückte Idee hat und die nicht exakt so formuliert, dass die anderen das Potential erkennen, dann versinkt das ganz schnell wieder in der Lautstärke der anderen weniger innovativen Ideen, die sich aber einfacher beschreiben lassen. Den Prozess des Schreibens und der Ausarbeitung der Idee kann ich am besten in der Abgeschiedenheit eines verschlossenen Raumes ohne Tages- und Nachtrhythmus abschließen. Ich bin Schockschreiber, d.h. ich setze mich hin und schreibe so lange bis es fertig ist.

V.E.: Wie wichtig ist in deinem Job eine gute Beobachtungsgabe?
T.K.: Sehr wichtig. Schon ganz früh konnte ich Menschen parodieren oder auch als Comicfiguren umsetzen. Ich habe einen Blick für die schiefen Töne in Wort und Bild. Das hilft ungemein.

V.E.: Was bedeuten dir Stille und Musik?
T.K.: Nahezu alles.

V.E.: Würdest du gerne wieder einmal selber vor der Kamera stehen?
T.K.: Wenn ich das will und es passt, dann tu ich das gerne. Leider habe ich es immer schon gehasst, Text zu lernen. Das schränkt ein. Aber manchmal passt es und dann spiel ich auch gerne wieder.

V.E.: Ab wann und wie kristallisierte sich dein Interesse am Fernsehen heraus?
T.K.: Seit ich erkannte, dass es so was wie Fernsehen gibt. Ich habe Film und Fernsehen immer schon dem Theater vorgezogen. Warum kann ich gar nicht genau sagen.

V.E.: Bist du glücklich damit?
T.K.: Naja, wie man sieht, mache ich ja viele verschiedene Dinge und damit bin ich sogar sehr glücklich. Vor allem, seit ich das zusammen mit vielen talentierten Kolleginnen und Kollegen innerhalb meiner Firma bumm film GmbH machen kann. Das ist ein besonders schönes Gefühl.

V.E.: Verrätst du uns deine Pläne für die nächste Zeit, nächste Produktionen?
T.K.: Ich sitze gerade an Fassung 3 des Drehbuchs zu “Mara und der Feuerbringer”, dem ersten Teil meiner Fantasy-Trilogie, die es bereits vollständig als Buch zu kaufen gibt. Wenn alles weiter so läuft, werden wir im Mai 2013 mit dem Dreh beginnen. Ich führe Regie und hoffe, dass der Film am Ende so unterhaltsam ist, dass die Leute auch Teil II und III sehen wollen.

Lieber Tommy, vielen Dank für die Zeit, die du dir genommen hast und weiterhin viel Kreativität und Erfolg!

Foto © Gary Busch