Vorbilder oder Idole
Erstaunlicherweise sind eher Filmregisseure als Buchautoren zu nennen, wenn es darum geht, wer mich beruflich beeinflußt hat. Doch davon mehr im nächsten Blogbeitrag. Bevor ich mich Ende 1980er Jahre mit Wonne der kuscheligen Wohlfühlatmosphäre englischer Landhauskrimis einer (amerikanischen) Autorin, nämlich Martha Grimes, hingab, las ich mit Anfang Zwanzig vermutlich die komplette Reihe der sogenannten „Schwarzen Serie“. Grimes war der perfekt Übergang zur jahrelangen Lektüre der großen Damen der britischen Kriminalstorykunst wie Ruth Rendell, Minette Walters, Elizabeth George oder Dorothy Sayers.
Miss Marple oder andere häkelnde Hobbydetektivinnen waren nie mein Ding, das muss ich zugeben, bis auf die kongenialen Verfilmungen mit Margret Rutherford.
Moderne Kolleginnen wie Fred Vargas und den viel zu früh verstorbenen Jakob Arjouni bewundere ich und lese sie immer gerne.
Im Prinzip war ich damals schon „versaut“. Einige Jahre vorher hatten den Weg Henry Miller, Anais Nin, D.H. Lawrence und Lawrence Durell vorbereitet, Meister der Gegenwartsliteratur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Was ich an Raymond Chandler, Dashiell Hammett, Ross McDonald und Patricia Highsmith faszinierend fand und noch immer finde, ist die perfekte Momentaufnahme der modernen Welt, kühl und unterschwellig emotionslos erzählt. Kein überflüssiges Wort, keine überquellenden Adjektive, keine intellektualisierenden Satzkonstruktionen, keine aufbauschenden Nebenspielplätze, um Zeichen zu schinden. Der Leser bekommt alle Informationen, doch nur der Detektiv ermöglicht letztlich das Entwirren des Fährtenknäuls.
Einen Detektivroman in dieser Art zu schreiben würde ich niemals auch nur versuchen, aber es sind die Hintergründigkeit und das Interesse an den Abgründen der menschlichen Seele die Motive, die mich mit ihnen verbinden. Ich habe meinen eigenen Weg gefunden und mit ihm ein kleines, aber feines Stammpublikum. Das macht mich sehr stolz und dankbar. Es tut einfach gut, das viele Herzblut, die unzähligen Stunden der Hirnarbeit, der Verbesserungen, der Korrekturen und des Lektorierens verstanden und gewürdigt zu wissen. Wie einst Sam Spade oder Phil Marlowe cool bleiben, und die kleinen Trolle ignorieren, wenn sie wieder versuchen, mit Ein-Stern-Bewertungen die Leistung in den Dreck zu ziehen. Lohnt sich keinen Cent, Mister.